„Da komm‘ ich her – da gehör‘
ich hin“
Andreas Gabalier oder es lebe
der Unterschied
Man hat, wenn man Steirer, in diesem
Fall Grazer ist und den Nachnamen
Gabalier trägt, stets Erklärungsbedarf.
Nein, es ist kein Künstlername und ja,
die frankophile Ader trägt Andreas
Gabalier tatsächlich im Körper. Man
spricht seinen Familiennamen daher nicht
mit „langem I“ sondern so wie es sich
gehört: Ga-ba-liä. Andreas
(Andy) Gabalier und der Grund, weshalb
er nicht Müller, Maier oder Huber heißt,
hat mit dem kleinen Korsen zu tun, der
dereinst die Idee zum vereinten Europa
hatte und daher mit seinen Truppen auch
in die Steiermark kam. 1797 besetzten
die Franzosen unter Napoleon Leoben,
Bruck und Graz. Nach dem
Waffenstillstand von Leoben am 4. Mai
1797 verließen sie das Land, aber
offenbar fand es zumindest einer der
Soldaten schöner bei Kern-Öl, Schilcher
und knorrigen Leuten zu leben als mit
Marschgepäck, schlechter Verpflegung
quer durch den Kontinent zu latschen.
Der Ur-Gabalier blieb und zeigte den
Steirern wie gut Schilcher und Camembert
zusammen passen. Schließlich wuchs in
solch einer Stimmung eine ganze Familie
heran.
Andreas Gabalier, 24 Jahre jung,
Student an der Uni Graz. Juristerei.
‚Weil ich auf Ehrlichkeit und
Gerechtigkeit nahezu programmiert bin‘,
sagt er und schon die Art wie er sich im
Gespräch darstellt zeigt, der Mann ist
kein Showman. Gabalier holt zuerst Luft
bevor er antwortet, es dauert auch
diesen Hauch von kurzer Pause bevor er
sich zu etwas äußert. Man merkt, dass er
überlegt. Er sprudelt seine Antworten
nicht heraus, er verschickt sie nicht
mit einem Dauergrinsen und schreit
anschließend rustikal ‚Wo sind die
Hände?!‘. Der Mann ist anders. Er ist
erfrischend anders und daher eine
Wohltat in einer nach Aufmerksamkeit
gierenden Show-Welt.
Aber wieso taucht dieser Andreas
Gabalier auf einmal auf? Wieso passt
gerade dieser Typ in eine veränderte
Welt? ‚Ich habe bei mir im Keller ein
kleines Studio, in dem ich an meinen
Songs arbeite. Ich hab‘ schon zwei
Maxi-CDs gemacht und einer meiner
Verwandten hat mir gesagt, dass er
jemand kennt, der sich im Musikgeschäft
auskennt und der mich gerne
berät…einfach weil ich keine Ahnung vom
Geschäft habe und ein bisschen Beratung
sicher nicht schaden kann‘. Andreas
Gabalier lernte Klaus Bartelmuss kennen.
Der Steirer ist erfolgreicher
Unternehmer, Entdecker und Förderer von
Nik P. Bartelmuss erkannte sofort das
Potential des jungen Musikers und bot
die Zusammenarbeit an. ‚Dann ging es
irgendwie rasend schnell‘, erinnert sich
Gabalier, der sich auf einmal mitten im
Geschehen fand. Plattenfirma,
Management, Promotoren… ‚Vor einiger
Zeit habe ich meine CDs noch ganz allein
im Internet verkauft und jetzt bereite
ich mich schon auf große Fernsehshows
vor. Eigentlich unglaublich!‘, sagt er
und in der Tat sind sowohl der
Musikantenstadl als auch der Grand Prix
der Volksmusik Sprungbretter mit breiter
Publikumsbeteiligung. Da wird sich dann
zeigen, ob das Publikum bereit ist einen
Musikus zu akzeptieren, der mit
Sicherheit nicht der Liga der
Dauergrinser angehört. Keine Fönfrisur,
kein Klischeebild des kreuzfidelen
Harmonika-Spielers. Der Mann ist vom
Scheitel bis zur Sohle echt. Sein
Instrumentenspiel hat er sich seit jeher
so gut wie selbst beigebracht. Die
Harmonika hat er für sich entdeckt ‚weil
genau sie das Instrument ist, mit dem
ich meine Lieblingsstimmung finde und
die so gut wie überall verfügbar ist, wo
ich mich am liebsten aufhalte – am Berg,
in der Hütte‘. Nein, das ist kein schön
gepflegtes Postkartenbild eines cleveren
Werbestrategen, sondern es ist wie er es
sagt. Andreas Gabalier liebt es auf
Berge zu steigen. Es ist sein Leben mit
den Bergen zu leben. Auf seiner
Internetseite findet sich ein Foto, wo
er mit nacktem Oberkörper in der
Lederhose steckt. ‚Ein Zufall‘, wie er
sagt, aber nachdem es keine Zufälle gibt
ist es genau dieses Foto, auf das er
immer wieder angesprochen wird. ‚Wenn
ich da oben bin und es ist heiß, dann
zieh ich mir das Hemd aus und wasch mich
am Brunnen. So einfach ist das‘. Klar,
ganz einfach. Der Dachstein, ein großes
Badezimmer halt…
Die Lieder des Andreas Gabalier sind
in ihrer Art auch anders als man es aus
einer auf Glückseligkeit gebuchten
Branche kennt. ‚Sie finden mich‘, sagt
er und wenn man genau hinhört, dann
stellen sie einen Spiegel seiner Seele
dar. Nein, er singt nicht zuckersüß,
sondern hat ein charakteristisches
‚Reiben‘ in der Stimme welches das
melancholische Spiel der Harmonika noch
verstärkt. Kleine Arrangements,
handgemachte Musik und schon gar kein ‚Ballermann-Feeling‘.
‚Nein, das bin ich nicht. Wo sind die
Hände? Ich weiß wo die Hände sind…am
Ende der Arme, da brauch‘ ich die Leute
nicht danach zu fragen‘, sagt er und man
versteht durch solche Sätze seine Welt.
Man hört in seinen Texten immer viel
über die Steiermark, man spürt
Heimatverbundenheit weit ab von
Nationalismus oder Volkstümelei. Die
Musik des Andreas Gabalier ist sehr
ehrlich. Sie gibt nicht vor etwas
anderes zu sein als sie ist:
Gefühlsbetont. Sie hat sehr viel
Alpin-Blues in sich. ‚Da komm‘ ich her,
da gehör ich hin‘ hat Reinhard Fendrich
gesungen und in Andreas Gabalier findet
sich diese Feststellung in ihrer
reinsten Form wieder. So wie das Land
und die Menschen, so sind seine Lieder.
Er, der sich nicht nach einem Tal oder
einer Alm benennt sondern so heißt wie
er heißt, weiß ganz genau, dass der
Grund, weshalb den Menschen bei manchen
seiner Lieder Tränen in die Augen
steigen, der ist, weil er so schreibt
und komponiert wie er fühlt. ‚So bin
ich, so bleibe ich‘, sagt er und
ergänzt, fast leise und in sich gekehrt:
‚Ich bin kein Star, sondern hab‘ nur die
Gnade mitbekommen, dass meine Lieder zu
mir kommen‘.
Kein Werbeguru kann solche Sätze
erfinden und jemandem überstülpen.
Menschen wie Andreas gehen ihren Weg.
Man kann ihnen dabei helfen weiter zu
kommen, aber niemals sollte man
versuchen, diese kreative Einheit die
der Mann darstellt, mit irgendwelchen
Branchen-Rezepten zu versalzen. Der
Zuhörer spürt die Authentizität die
Andreas ausstrahlt. Menschen mit Gefühl
erkennen, dass das keine Show ist
sondern einfach ein Weg, der sich
abzeichnet. ‚Mir ist lieber ich weiß,
dass die Leute sich bei meinen Liedern
gegenseitig die Hände geben und sich
umarmen, als dass sie auf mein Kommando
die Hände in die Höhe reißen‘, sagt er
und schon die Art wie er das sagt,
dieser ruhige Blick den er dabei in den
Augen hat, signalisiert ‚Es lebe der
Unterschied‘.