"Die Welt, obgleich sie
wunderlich, ist mehr als gut genug für
mich" schrieb Heinrich Christian
Wilhelm Busch, der wohl einflussreichste
humoristische Dichter seiner Zeit und
die Zeile liest sich gerade so, als wäre
der Mann mit der spitzen Feder schon vor
100 Jahren von einer jungen Schweizerin
und ihrer kleinen großen Welt inspiriert
worden.
Francine Jordi, ein Sonnenmensch.
Drei Tage nach Sommerbeginn im
Schweizerischen Richigen auf die Welt
gekommen und seit elf Jahren als
Sängerin und Entertainerin die
Karriereleiter stetig hinauf kletternd,
ist Francine Jordi ohne Zweifel ein
wahrer Sonnenmensch. Die hübsche
Brünette mit dem ewig jungen, fast
spitzbübischen Lächeln und ihrer
sympathischen, fröhlichen Art, auf
Menschen zuzugehen, legt mit "Meine
kleine große Welt" nun die elfte
Longplay vor. Jedoch, es wäre fatal,
Francine Jordi auf die Rolle des
weiblichen Spitzbuben, des Schweizer
Paradejungmädels, zu beschränken.
Vielmehr unterliegt Francine so wie
jeder Mensch einer persönlichen
Entwicklung, die sich in ihrem Fall mit
der künstlerischen vereinigt. Das Mädel
ist zur Frau geworden, aber ihre
Authentizität bringt es mit sich, dass
ihre Art, ihr Charisma mit ihr auf ihre
ganz besondere Art reifer geworden ist.
Seit einiger Zeit trägt sie einen
Ehering und auf eine klassische Yellow
Press-Frage, wie sie es denn mit der
ehelichen Treue halten würde, antwortete
sie auf ihre Weise mit: "Bei mir könnte
Brad Pitt kommen, da würde nichts
laufen". Genau so ist sie, die Francine
Jordi. Unkompliziert und doch wieder
kompliziert, gerade dann, wenn ihr
jemand etwas einreden will und ihr
Bauchgefühl signalisiert, doch die
Finger davon zu lassen. "Damit bin ich
eigentlich immer gut gefahren. Ich bin
ein Bauchmensch und wenn das erste
Gefühl trügt, dann entscheide ich
spontan dagegen…und das hat sich bisher
immer als richtig erwiesen", erzählt
sie.
Seit elf Jahren läuft nun bereits die
Karriere und mit der neuen CD, mit
dieser "kleinen großen Welt" hat sie
auch die musikalischen Weichen in eine
ein wenig andere Richtung gedreht. Vor
allem findet sich auf dem Album kein
Song, der das Titellied abgibt. Das ist
gut, denn man kann sich als Zuhörer
diese "kleine große Welt" dann leichter
im Kopf selbst zusammen basteln, ohne
sich durch vorgegebenen Text
beeinflussen zu lassen. Aber wie ist sie
nun, diese Welt der Francine Jordi?
"Ja, so wie sie beschrieben ist:
klein und groß zugleich. Klein, weil man
heute ja mit einem Mausklick rund um den
Globus reisen kann, weil es immer wieder
vorkommt, dass man in weit entfernten
Gegenden auf Menschen trifft, die man
hier nicht vermutet hätte. Die Welt ist
dadurch aber wiederum auch größer
geworden. Das persönliche Spektrum
erweitert sich enorm, wenn man
beispielsweise über eine Webcam Dinge
beobachten kann, die tausende Kilometer
entfernt sind", erzählt Francine und wer
schon mal mit Google Earth gespielt hat,
kann nachvollziehen, was sie meint. In
Sekunden ist man an jedem Ort der Welt,
erfährt viel, ist aber doch nicht
richtig dort, weil zwischen klein und
groß tausende Kilometer liegen.
Die musikalische Welt der Francine
Jordi verhält sich ebenso. Sie ist auf
dieser CD nicht eingeschworen auf eine
bestimmte Stilrichtung. Der Schlager,
mit dem sie groß geworden ist, macht
mehr und mehr Ausflüge hinüber in den
Pop. Songs wie "Du bist mein Held" sind
von ihrer Herangehensweise schon anders
als man es bisher von Francine Jordi
gewohnt war. Der Text ist kein
Liebesschwur, es ist mehr eine
Verbeugung vor Menschen, die durch
Courage und Einsatzbereitschaft
Menschlichkeit beweisen. Diesen "Helden
des Alltags" ist das Lied gewidmet,
jenen die nicht wegschauen, sondern Mut
und Hilfsbereitschaft beweisen. Der Song
selbst hat seine eigene Charakteristik,
erinnert ein wenig an die Londoner
Liederszene der Mid-Sixties. Die Chöre,
das Arrangement, die Stimme – zusammen
ergeben sie schönsten Carnaby Street
Sonnenschein.
Liebe! Natürlich geht es auf der CD
auch um die Liebe. "Die ist doch das
Wichtigste im Leben", sagt Francine, und
dabei setzt sie wieder jenen Blick auf,
der klar macht, dass sie Brad Pitt
tatsächlich für ihre große Liebe von der
Bettkante stoßen würde. Einen anderen,
finstereren Blick hat sie drauf, wenn
sie wieder einmal als "süßester
Schweizer Musikexport" bezeichnet wird.
Ein Prädikat, das in der Tat etwas
eigenartig, um nicht zu sagen
"abgelutscht" ist. Süß und Schweiz, da
denkt man viel mehr an Schokolade, und
außerdem verniedlicht dieser Satz, und
das hat Francine Jordi nicht nötig, dazu
ist sie zu sehr eine emanzipierte Frau,
als ein "kleines Mädel". "Emanzipiert –
ja, aber das heißt nicht, dass ich es
nicht mag, wenn der Mann der Frau die
Tür aufhält. Gegen verwöhnen habe ich
nichts", sagt sie und ergänzt, dass sie
sehr gerne Frau ist. Mann sein, das wäre
nichts für sie.
In "Love, l’Amour und Liebe" – einer
Neuaufnahme eines 70er-Jahre-Songs der
Band Middle Of The Road („Soleil, Soleil“)
- beweist die mehrsprachig sattelfeste
Francine Jordi dies deutlich und auch,
dass sie kein "Singspatz" mehr ist. Kein
Kitsch, guter Deutschpop im
Fox-Rhythmus. Nicht viel anders verhält
es sich beim Lied "Billy-Regal". Liebe
geht nicht zwingend durch den Magen. Das
klappt auch im Möbelhaus. Obwohl die
Frau sehr sie selbst ist, passt der
große Karton mit dem Schweden-Regal
nicht unbedingt in ihren Kofferraum.
Wenn dann jemand aus der Fraktion der
anderen, der Y-Chromosomenträger als
rettender Helfer auftaucht, dann taugt
die Geschichte durchaus dazu, auch
X-Chromosome zum Rotieren zu bringen.
Das Finale heißt dann "liebst du schon
oder schleppst du noch?"
Wie auch immer die Geschichte dann
weiter geht, die statistische Chance,
dass sie sich im textlichen Ablauf des
Liedes "Aus dieser Nummer kommst du
nicht raus" wieder findet, die beläuft
sich immerhin auf 50 Prozent. Frau weiß,
wann sie andere Seiten aufzuziehen hat.
Nicht minder griffig der Song "Mit
dem Herz durch die Wand". Liebe ohne
Kompromisse, dazu satte Schlagerbeats.
Traditionell findet sich auf dem
Album natürlich diesmal wieder ein Lied,
das Francine in ihrer Muttersprache
singt und dessen Titel auch für jene,
die des Schwyzerdeutschen nicht mächtig
sind, verstanden werden kann: "I
vermisse di".
Dann die Ballade "Wahre Liebe" - ein
wunderschönes Duett. Ihr zur Seite singt
Marc Pircher. "Mit Marc singe ich
gerne", erzählt Francine Jordi und
präzisiert: "Er ist ein angenehmer
Duett-Partner, unsere Stimmen
harmonieren gut".
Das Leben aber hat ihr eine andere
wahre Liebe zugeordnet: Das Ehepaar Tony
Rominger und Francine Jordi befindet
sich im verflixten 7. Jahr der
Beziehung, welches sich aber alles
andere als verflixt darstellt. Es ist
"bunt, schön, arbeitsreich mit Aussicht
auf Urlaub", erzählt Francine. Das volle
Programm, alle Farben der Palette, die
das Leben bereithält. So wie es eben
zugeht in einer kleinen großen Welt.
Text: Andy Zahradnik
Weitere Informationen zur Künstlerin
finden Sie auf ihrer Homepage unter
www.francine-jordi.ch