Die Weltnaturschutzunion
(IUCN) hat heute die aktuelle Rote Liste der
weltweit bedrohten Tiere und Pflanzen
vorgestellt. Die dramatische Bilanz: 17.291 und
damit mehr als ein Drittel der 47.677
untersuchten Arten sind vom Aussterben bedroht.
Die Liste erfasst nur einen Bruchteil der
weltweiten Artenvielfalt. Der WWF geht davon
aus, dass mehr als 10 Millionen Tier- und
Pflanzenarten den Planeten besiedeln. Deshalb
sei auch die Zahl der gefährdeten Spezies noch
viel größer. Viele Tiere werden bereits
ausgestorben sein, bevor sie die Menschheit
überhaupt zu Gesicht bekomme, befürchtet der
WWF. Neben dem Verlust einmaliger Lebensräume,
etwa durch die Abholzung der Regenwälder,
schlagen Klimawandel, Raubbau und die
Übernutzung einzelner Arten als Artenkiller zu.
Besonders betroffen sind Amphibien. Von den
6.285 erfassten Fröschen, Lurchen und Kröten
wurden 1.895 in die höchsten
Bedrohungskategorien eingestuft. 39 Arten gelten
bereist als ausgestorben, darunter die
Goldkröte. Sie gilt als eines der ersten Opfer
des Klimawandels.
"Meist ist es nicht ein
einzelner Grund, der das Aussterben einer Art
besiegelt", erläutert Volker Homes, Leiter
Artenschutz beim WWF Deutschland. Wenn das
Verbreitungsgebiet ohnehin klein sei, etwa in
entlegenen Berg- oder Inselregionen, können
kleine Veränderungen oder eine Krankheit eine
Tierart endgültig auslöschen. Bei den Fröschen
ist es ein Pilz, der zahlreichen Populationen
auf aller Welt zu schaffen macht. Er spielte
auch beim Exodus der lebendgebärenden Kihansi
Spray Kröte eine Rolle. Die Tiere waren in den
Kihansi Wasserfällen in Tansania zuhause. Von
den ursprünglich mindestens 17.000 Exemplaren
saßen nach dem Bau eines Staudammes 90 Prozent
auf dem Trockenen. Die übrig gebliebenen
Individuen raffte die mysteriöse Pilzkrankheit
dahin.
Der Fall der afrikanischen
Kröte ist kein Einzelfall. Der WWF geht davon
aus, dass sich die Aussterberate durch
menschliche Einflüsse mindesten um den Faktor
1.000 beschleunigt hat. Dies trifft längst nicht
nur Amphibien. Am besten dokumentiert ist der
Niedergang bei den Säugetieren. Ein fünftel der
rund 5.490 Arten ist gefährdet. Ein typisches
Beispiel der Tiger. Nur noch etwa 3.200 der
majestätischen Katzen leben in freier Wildbahn.
Die großen Beutegreifer brauchen vor allem
eines: Platz. Aber davon überlassen die Menschen
den Katzen immer weniger. Allein in den
vergangenen zehn Jahren verlor der Tiger 40
Prozent seines ursprünglichen
Verbreitungsgebietes. "Wenn sich diese
Entwicklung fortsetzt, können künftige
Generationen die Tiere nur noch im Zoo erleben",
so Volker Homes. Ähnlich dramatisch ist die Lage
der Eisbären. Von ihnen besiedeln zwar noch
rund 20.000 bis 25.000 Exemplare die eisige
Wildnis der Arktis. Aber steigende Temperaturen
lassen das Eis unter ihren Tatzen zerrinnen. Je
früher das Packeis schmilzt, desto eher müssen
die Bären sich aus ihren Jagdgebieten
zurückziehen. Insbesondere den Eisbärmüttern
bleibt oft nicht genug Zeit, um sich den nötigen
Speck anzufressen, damit sie genug Milch für
ihre neugeborenen Jungen produzieren können.
Viele Eisbären verhungern bereits in ihrem
ersten Lebensjahr. Mit dem voranschreitenden
Klimawandel hat sich diese Situation noch
verschärft.