Freiheit für den König
Zuerst hört man nur ein unsicheres Knurren, gefolgt von einem vorsichtigen
Blick. Dann die erste Tatze, die den warmen Boden abtastet. Dann die zweite.
Ganz, ganz langsam. Dann ein Sprung, und der mächtige Löwe ist im hohen Gras der
Steppe verschwunden. Es ist, als wäre er nie weg gewesen. Als wären die
bisherigen 13 Jahre seines Lebens nie gelebt worden. Schon gar nicht dort, wo er
vor knapp 51 Stunden seine Reise in ein neues Leben begann.
Im kalten, schneebedeckten
Kärntner Maltatal. Gerettet aus einem „Tierpark“, dessen Gehege ihm, der Löwin
Suga und den Geschwistern Bonnie und Clyde viel zu klein war. Ausgeflogen von
den engagierten Tierschützern von „Vier Pfoten“.
Tränen laufen uns über die
Wangen. Es sind Tränen der Freude und der Rührung. Es ist ein erhabenes Gefühl,
dem Löwen Laas zuzusehen, wie er hier, drei Stunden südlich von Johannesburg,
seine neue Heimat, das naturbelassene Paradies Lionsrock, entdeckt. Die
atemberaubende Landschaft, die vielen Tieren ein sicheres Heim bietet, erstreckt
sich über 1.242 Hektar. In der Mitte ragt wie ein Diamant der majestätische
Lions Rock auf, nach dem das Wildtierreservat benannt wurde.
Zwei Tage vorher: Die dunklen
Augen der königlichen Tiere wirken leer, beinahe so, als hätten sie sich aus
ihrem tristen Dasein ausgeklinkt. Sie wissen nicht, dass in wenigen Stunden die
schönste Zeit ihres Lebens beginnt. Seit Jahren leben sie in Kärnten. Waren die
Attraktion des Zoos Diana. 2008 die Wende: Der Zoo musste aus finanziellen
Gründen schließen.
Die Zoobesitzer konnten die
Auflagen zum Ausbau der Löwengehege nicht erfüllen und wandten sich Hilfe
suchend an die Tierschutzorganisation Vier Pfoten, um die Zukunft ihrer
geliebten Katzen zu sichern. Die Tiere hatten Glück und bekamen einen Platz im
südafrikanischen Wildtierreservat Lionsrock.
Auf der Reise dorthin durfte NEWS
sie exklusiv begleiten. Das Team: NEWS-Tierwelt-Expertin Isabel Finsterwalder
und Topfotograf Ricardo Herrgott. Es ist der 11. März 2009. Das Wetter zeigt
sich in all seinen unterschiedlichen Facetten – Schnee, Sonne, Regen –, es ist
so, als wollte es sich auch von den Löwen verabschieden.
Um 12.30 Uhr werden die Löwen von
dem bereitstehenden Expertenteam – Mitgliedern von Vier Pfoten, der freiwilligen
Feuerwehr und Tierärzten – aus ihren Gehegen in die Transportkäfige gebracht und
von dort auf einen Lkw gehievt.
Laas ist der Erste, der von
Tierarzt Erich Burgstaller sediert wird. Alles läuft glatt. Ebenso bei Clyde und
Suga. Doch bei Bonnie kommt es zu einem spektakulären Zwischenfall: Als Letzte
im Gehege ist Bonnie völlig überfordert mit ihrer Situation. Sie ist
verängstigt. Als der Sedierungspfeil in ihren hinteren Oberschenkel eindringt,
bäumt sie sich auf wie ein kämpfender Drache und sackt wenig später am
Betonboden zusammen.
Fertig verladen, geht es um drei
Uhr morgens in tierärztlicher Begleitung mit dem Transporter über die Autobahn
zum Flughafen Frankfurt. Ein letzter Check, dann müssen die vier Tiere den
elfstündigen Flug nach Johannesburg im Frachtraum allein bewältigen.
Zwei Tage später sind wir in
Südafrika. Die Tiere sind von der langen Reise entnervt und brüllen in ihren
Käfigen. Die letzte Autofahrt zu dem lang ersehnten Paradies steht bevor. Die
dreistündige Fahrt nach Lionsrock bringt die Tiere zur Ruhe.
Quelle: news
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