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Rainhard Fendrich „Wimpernschlag“
Er ist eine österreichische Legende, ein Garant für Lieder, die nicht selten zum
„Liedgut“ wurden, und ein Chronist seiner Zeit: Rainhard Fendrich feiert 2025
sein 45-jähriges Bühnenjubiläum und beschenkt seine generationsübergreifende
Fangemeinde nach dem vor fünf Jahren erschienenen Studioalbum „Starkregen“ (#1
in A, #17 in D) und dem #1-Livealbum „Symphonisch in Schönbrunn“ mit seinem 19.
Longplayer „Wimpernschlag“, der am 31. Januar 2025 erscheint.
Mit „Wimpernschlag“ hat Fendrich ein Album geschaffen, das nicht nur die
Geschichte eines Ausnahme-Musikers erzählt, sondern auch das unserer Zeit. Ein
musikalisches Zeugnis von Veränderung, von Hoffnung und von der Weisheit des
Lebens – in all seiner Flüchtigkeit. In 16 Liedern blickt Fendrich zurück auf 45
Jahre, aber auch auf das Menschenleben an sich.
Der erste Song des Albums, „Wir sind am Leben“, ist ein außergewöhnlicher
Opener: Ein poppiger, fast hymnischer Auftakt, der aufruft, das Leben zu feiern
und trotz aller Widrigkeiten nicht aufzugeben. Es ist ein Lied, das Hoffnung
schöpft aus der Erkenntnis, dass die Hoffnung niemals sterben wird. Es folgt
nachdenkliche „Wake Up Call“, ein Song wie ein Roadmovie, der die
Vergänglichkeit in einem sich immer schneller dahinziehenden Alltagstreiben
beschreibt. Zwischen fremden, unbehaglichen Hotelzimmern und schnellen
Taxifahrten analysiert Fendrich das Bewusstsein für die Endlichkeit des Lebens
aus der „Vogelperspektive“. Aus dem „Wake Up Call“ heraus entsteht der Wunsch,
aus schlechten Träumen aufzuwachen, die längst zur Realität geworden sind.
Der Name Rainhard Fendrich steht allerdings nicht nur für seine scharfe
Beobachtungsgabe, sondern auch für große Balladen, was er mit „Hoit mi“ einmal
mehr unter Beweis stellt. „Hoit mi“ ist keine offenkundige Liebeserklärung,
sondern steht vielmehr für die Erkenntnis, wie wichtig es ist, nicht nur in
guten, sondern auch in schlechten Zeiten einen Menschen an seiner Seite zu
haben, der ganz einfach da ist und einen auffängt, wenn es darauf ankommt. Oder
anders ausgedrückt: „Hoit mi“ steht nicht für ein „Ich liebe dich“, sondern ein
„Ich brauche dich“.
Seine humorvolle Seite zeigt Fendrich im Titel „Warteschleife“. Mit dem für ihn
ganz typischen Augenzwinkern beschreibt er den nervtötenden, wenig glanzvollen
Moment, in dem man gezwungen ist, sich an ein Callcenter zu wenden und die
schier endlose Warteschleifenmusik ertragen muss. Der Rhythmus des Lebens – mal
kurz ausgebremst. Der Mensch dem System ausgeliefert, das er selbst geschaffen
hat. Dabei steht die entspannte Rumba musikalisch ganz im Kontrast zur
geschilderten Situation.
Auch mit der Polka „Wladimir“ beweist Fendrich Humor und einen scharfsinnigen
Blick auf die politischen Strömungen der Gegenwart – Ähnlichkeiten mit real
existierenden Personen sind selbstverständlich reiner Zufall.
Das Album „Wimpernschlag“ lässt aber auch viel Raum für Momente der Nostalgie
und Reflexion, in denen Fendrich persönliche Erinnerungen mit seinen Zuhörern
wie mit Freunden teilt: „Nachtzug nach Jesolo“ entführt uns in die 80er Jahre,
in eine Zeit der Leichtigkeit und Unbeschwertheit, als das Leben noch ein wenig
mehr nach Urlaub und Freiheit roch. Der Titel „Das kleine Glück“ erinnert daran,
dass wahres Glück rückbetrachtend nicht in materiellen Dingen, sondern in
Freundschaft und innerer Zufriedenheit zu finden ist, und „Nie wieder jung sein“
liefert biografische Einblicke in Fendrichs Kindheit und Jugend, verbunden mit
dem Fazit, dass früher eben nicht alles besser war. Fendrich feiert das
Älterwerden als Befreiung von Zwängen und den Übergang von einem getriebenen
„Ich muss“ hin zu einem versöhnlichen „Ich muss nicht mehr“.
In „Und das Herz schlägt weiter“ zeigt er sich schließlich von seiner
persönlichsten Seite. Der Song verarbeitet die Gefühle und die Situation nach
dem Verlust eines geliebten Menschen, wenn die Zeit stehen zu bleiben scheint
und das eigene Leben dennoch irgendwie weitergehen muss.
Auch kritische Töne schlägt Fendrich auf „Wimpernschlag“ an. In „Glaub ned
alles“ nimmt er die heutige Informationsflut in einer von Social Media geprägten
Welt ins Visier und ruft dazu auf, sich nicht dem Populismus hinzugeben. Ähnlich
verhält es sich mit „Schöne Aug’n“. Der countryeske Song weist darauf hin, dass
sich mit schönen Augen eben auch „Augenwischerei“ betreiben lässt.
Auch die gesellschaftlichen Missstände werden thematisiert: Exemplarisch für das
Leid, das sich ganz in der Nähe abspielt und oft übersehen wird, steht
„Nebenan“, ein Lied, das u. a. die Einsamkeit im Alter, den täglichen Kampf von
Alleinerziehenden oder aber die verdeckte häusliche Gewalt in den Vordergrund
stellt.
Wer Fendrich kennt, weiß, dass ihm gerade das Schicksal von Kindern sehr zu
Herzen geht. In „Die Kinder des Krieges“ und „Über’s Meer“ spricht er die
Flüchtlingskrise und das Leid von Kindern in Kriegsgebieten an – Themen, die
heute leider aktueller als je zuvor sind. Der aufmerksame Hörer wird das
unerbittliche Wogen des Meeres auch musikalisch spüren und erahnen, dass die
Chöre die Vielzahl der Menschen symbolisieren, die den Weg aus großem Leid in
eine noch ungewissere Zukunft wagen und deren Schicksal oft schon im Meer
besiegelt ist.
Mit dem von Streichern und Piano getragenen Titelsong „Nur ein Wimpernschlag“
liefert Fendrich ein eindrucksvolles, melancholisches Statement zur
Vergänglichkeit des Lebens – ein Thema, das sich wie ein roter Faden durch das
gesamte Album zieht. In einem Moment der Besinnung und des Nachdenkens über die
eigene Existenz fordert er dazu auf, den Moment zu schätzen, bevor er vorüber
ist.
Das Album endet mit einer Vision der Hoffnung: „Nie mehr Krieg“ ist ein
idealistisches, aber zutiefst ehrliches Plädoyer für Frieden und das Streben
nach einer Welt ohne Gewalt.
Homepage - Rainhard
Fendrich
Label:
RJF Musik
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